Julian Sas - interview - februar 2022

Seit gut einem Jahr legt die aktuelle Corona-Pandemie fast die komplette Kulturszene lahm. Für uns ein Grund, um bei den Betroffenen nachzufragen, wie diese mit der Situation umgehen.

 

Der Holländer JULIAN SAS ist in der Bluesrockszene nicht mehr wegzudenken. Mit ROLAND BAKKER (piano) und LARS-ERIK ELZAKKER (drums) entwickelt er gerade neue Songs. Normalerweise wäre auch FOTIS ANAGNOSTOU mit von der Partie, doch er verstarb am vergangenen 10. Januar nach kurzer schwerer Krankheit.

 

SOUNDANALYSE: Gut ein Jahr Corona-Pandemie. Wie hast Du diese Zeit erlebt? Warst Du gezwungen, Dich nach einem neuen Job umzusehen?

JULIAN SAS: Die Zeit ist abnormal. Für uns Künstler, Veranstalter und allen anderen, die im Musikbusiness tätig sind, eine absolute Katastrophe! Ein Jahr leiden wir unter der Pandemie, doch wo ist die Zeit geblieben? Sie vergeht ziemlich schnell.

Natürlich habe ich die Zeit genutzt, um neue Songs zu schreiben, habe mit meiner Band viel im Studio geprobt, eingespielt und experimentiert.

Leider ereilte uns Mitte Dezember die traurige Nachricht, dass mein langjähriger Begleiter, Bassist und Freund FOTIS unheilbar an Krebs erkrankte. Es war für uns alle ein schwerer Schock, der heute noch anhält. Am 10. Januar ist FOTIS für immer von uns gegangen, kurz vor seinem 50. Geburtstag. Als klar war, dass er es nicht schaffen würde, sagte er zu mir - „Ihr müsst weitermachen!“In seinem Sinne machen wir das auch. Außerdem habe ich mir einen Job gesucht, arbeite nebenbei um die 15 Stunden pro Woche.

 

SOUNDANALYSE: Wie schätzt Du die politischen Entscheidungen ein? Konntest Du die in den Medien angekündigten Unterstützungsgelder beantragen und habt sie auch erhalten?

JULIAN SAS: Die Politik und ich, das wird nichts mehr. Hier in Holland wird viel Blödsinn verbreitet, vor allem im TV. Da wird dem Zuschauer so viel Schwachsinn mitgeteilt – da ist es besser, die Flimmerkiste erst gar nicht anzuschalten. Unterstützungsgelder haben wir keines erhalten.

 

SOUNDANALYSE: Kennst Du jemanden, der an dem C-19-Virus erkrankte? Und falls ja, wie verlief deren Krankheitsverlauf?

JULIAN SAS: Nein, ich kenne keinen.

 

SOUNDANALYSE: Was meinst Du, wann werden die Fans wieder Live-Musik erleben können?

JULIAN SAS: Eine schwierige Frage. Ich würde gerne für dieses Jahr optimistisch sein, doch ich denke, es wird erst wieder in der zweiten Hälfte von 2022 losgehen. Nun gut, letztlich weiß keiner, wann und wie es wieder Livekonzerte geben wird.

 

SOUNDANALYSE: Welchen Ratschlag würdest Du Deiner Regierung mit auf dem Weg geben, um die kulturelle Szene nicht aussterben zu lassen?

JULIAN SAS: Wie es die Regierung in Deutschland praktiziert, weiß ich nicht. Hier bei uns in Holland kann ich nicht erkennen, dass die Politik unsere Kultur- und Musikszene großartig unterstützt. Ganz im Gegenteil, sie geben dir den Rat einen Job zu suchen, so wie in England oder den USA. Wie du weißt, bin ich durch und durch Bluesrocker. Zudem denke ich, dass Blues- oder Rockmusik im Allgemeinen in der Politik nicht die Anerkennung genießt, wie zum Beispiel ein Musical, eine Oper oder ein Song-Festival.

 

SOUNDANALYSE: Wie sehen Deine Zukunftspläne aus?

JULIAN SAS: In der heutigen Situation kann man nicht großartig Zukunftspläne schmieden. Natürlich wird es auch von uns neue Musik geben. Ob als CD oder Vinyl, dass weiß ich noch nicht. Doch aktuell heißt es für mich – mit meiner Familie, meinen Freuden und meiner Band eng zusammenzurücken. Wir sind immer noch dabei den Tod unseres Freundes FOTIS zu verarbeiten, dem traurigen Ereignis einen Platz in unserem Leben zu geben. Doch wer mich kennt, weiß, dass ich mir meinen Optimismus, meine Lebensfreude immer bewahren werde. Und eins ist auch klar, solange ich gut beieinander bin, wird immer eine Gitarre in meinen Händen sein.

 

Foto: Conny Kempf

 

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