Deep purple & Jefferson starship 31.10.2022 berlin, max-schmeling-halle

DEPP PURPLE und JEFFERSON STARSHIP 31.10 2022 Berlin, Max-Schmeling-Halle - Text und Fotos: Holger Ott

 

Man glaubt es kaum, was so ein neuer Gitarrist bewirken kann. SIMON McBRIDE, der 'Frischling' am Sechssaiter, ersetzt STEVE MORSE so gut, als hätte der nie existiert. Ja, darin werden die Meinungen mit Sicherheit weit auseinandergehen, aber ich finde, dass DEEP PURPLE mit dem Sound von McBRIDE's Gitarren haargenau so klingen wie in den Siebzigern zu deren besten Zeiten. MORSE hat nun mal einen eigenen Klang seiner Klampfen und den Unterschied hört der Fachmann sofort heraus ohne sich großartig anstrengen zu müssen.

 

Den Abend eröffnen aber Andere. JEFFERSON STARSHIP, auf die ich mich sehr freue, stehen auf der Bühne. Relikte der Flower Power Zeit mit Hits aus all ihren Namensvarianten von JEFFERSON AIRPLANE über STARSHIP zu JEFFERSON STARSHIP, wobei der Name für mich nur eine nebensächliche Rolle spielt. Die Qualität der Musik ist entscheidend und die Band liefert einfach nur gut ab.

 

Zu meiner Überraschung klingt Sängerin CATHY RICHARDSON fast wie GRACE SLICK in ihren besten Jahren. Zu den Gassenhauern "Sara" und "Nothing Gonna Stop Us Now" passt ihre Stimme wie die Faust aufs Auge und als sie, mit einer Stirnlampe bewaffnet, "White Rabbit" anstimmt, ist die alte Hippie Band in ihrem Element. "We Build This City" wird nachgelegt und hebt die Stimmung bevor sich Bassist und Gründungsmitglied DAVID FREIBERG nicht nehmen lässt, "JANE" zu singen. Gut, das er es singt hätte nicht unbedingt sein müssen, das Werk kommt aber trotzdem sehr wuchtig rüber. Der Auftritt ist leider zu kurz. Eine Zugabe hätte man ihnen doch gewähren sollen, dennoch war es ein sehr gelungener Abend mit einer Band, die schon fast in Vergessenheit geraten ist.

 

Die MAX-SCHMELING-HALLE in Berlin ist SOLD OUT und alles wartet nun auf DEEP PURPLE. Wie wird IAN GILLAN drauf sein und vor allem, wie gut ist SIMON McBRIDE, der den ausgeschiedenen STEVE MORSE ersetzt, der sich nur noch um sein Privatleben kümmern möchte. Ein menschlich feiner Zug von einem sehr sympathischen Musiker, den ich mal bei einem Interview etwas kennenlernen konnte.

 

Beide Erwartungen werden sehr positiv erfüllt. Bei GILLAN mögen es die etwas längeren Haare sein, die ihn dazu bringen richtig gut zu singen und sich dem Publikum zu stellen. Er rockt wieder wie in alten Zeiten. Lediglich in seinen Gesangspausen, welche er wie gewohnt neben IAN PAICE verbringt, wirkt er etwas hilflos. Vielleicht sollte er dann mehr den Kontakt zu seinen Frontleuten ausbauen, um eine geschlossene Einheit darzustellen.

 

Und dann kommt "Der Neue". McBRIDE ist an der Gitarre einfach nur genial. Der Typ, ganz in Jeans gekleidet, wirkt immer noch so, wie ein Twen, der gerade aus den Armenvierteln einer Arbeiterstadt gekrochen kommt um sich im Leben und auf den Straßen zu behaupten. Man könnte meinen, der schlägt auch mal zu wenn man ihn falsch anspricht und für zwanzig Dollar würde der alles machen. Ein echter uriger Typ eben, der sich in jungen Jahren wohl gedacht hat, bevor ich auf die schiefe Bahn gerate, besorge ich mir ‘ne Gitarre und werde einer der Besten. So vielleicht geschehen und das er zu den Besten seines Fachs gehört, erkennt man sofort bei den ersten Riffs. Ja, er ist richtig gut und bringt DEEP PURPLE somit wieder sehr weit nach vorne.

 

Mit zwei Klassikern wird die Show eröffnet. "Highway Star" und "Pictures Of Home" werden einfach göttlich dargeboten. GILLAN singt in Topform und der Rest der Band, nun man muss es nicht besonders hervorheben, auch. Alles Vollprofis bei denen jeder Ton und jede Bewegung sitzt.

 

Tourmotto ist der Titel der aktuellen Scheibe. Gerade mal ein Song, "Nothing At All" wird daraus gebracht. Nicht unbedingt der Bringer aber wohl das Beste, was das neue Werk hergibt. Die vorangegangenen CDs werden nicht mal ansatzweise erwähnt und die Band konzentriert sich lieber auf Altbewährtes.

 

So kommt "Uncommon Man" zum Zug als Erinnerung an JON LORD. STEVE MORSE uferte darin immer sehr aus. McBRIDE hingegen bringt es präzise auf den Punkt. Der 'Langweiler-Song' kommt dadurch in neuem Hörgenuss.

 

"Lazy" wie die letzten Jahrzehnte gewohnt, bringt etwas Ruhe in die Band, bevor "When A Blind Man Cries" McBRIDE erneut alles abverlangt und er auch dieses Meisterwerk mit links besteht. Zu sehr übertrieben und selbstverliebt das Keyboardsolo von Altmeister DON AIREY. Gut, jeder soll sich darstellen können, aber ob das immer so passend ist, sollte der Zuschauer entscheiden. Ich finde es einfach zu lang.

 

Drei Klassiker folgen wieder an Stück. "Perfect Strangers", "Space Truckin'" und natürlich "Smoke On The Water" sind aus dem Programm nicht mehr wegzudenken. Somit ist fast alles wie immer und wie bei den letzten Gastspielen in Berlin.

Der Auftritt ist nach einer Stunde und fünfzehn Minuten erst einmal vorbei. Hmm, denke ich mir, war's das etwa schon? Eine Band, die so viele tolle Werke fabriziert hat, reduziert sich auf das bisher gehörte? Nun gut, nicht zu ändern.

 

Ich warte die kleine Pause ab und harre der Dinge die da kommen und die sind zu meinem Entsetzen nicht erfreulich. Bläser tummeln sich plötzlich auf der Bühne, GILLEN trägt ein weißes Dinner Jackett und die Band stimmt Swing an. Ja richtig, Swing. Ich glaube, ich bin auf dem falschen Konzert. Vielleicht ist es ja der Halloween Spaß, der hier vor meinen Augen und Ohren abgezogen wird, aber mich trifft das Messer tief ins Herz. Nach nur einer Minute steht mein Entschluss fest. Nach Augenkontakt mit meinen Kollegen MIKE stehen wir auf und verlassen die Halle. Der Rest findet ohne uns statt. Tut mir leid, aber so etwas brauche ich auch nicht zum Spaß, obwohl GILLEN dabei ziemlich ernst aussah. Da hat wohl ROCK-MEETS- CLASSIC zu viel bei ihm abgefärbt.

 

Es wird wohl mein letztes DEPP PURPLE Konzert gewesen sein. Ich will mir die Erinnerungen an bessere Zeiten nicht kaputtmachen. Die Band habe ich über die Jahrzehnte in allen Formationen gesehen, habe Höhen und Tiefen erlebt, aber nun ist wirklich genug. Besser wird es eh nicht mehr werden, wobei das heutige Konzert schon zu den Besseren gehört, dank einem Mr. SIMON McBRIDE und einen gut aufgelegtem IAN GILLAN.

Vielen Dank an das CONCERTBUERO-ZAHLMANN für die Akkreditierung.

 

Jefferson Starship sind:

David Freiberg (Bass, Vocals)

Donny Baldwin (Drums)

Cathy Richardson (Vocals, Guitar)

Chris Smith (Keyboards)

Jude Gold (Guitars)

 

Jefferson Starschip Spielten:

01. Find Your Way Back

02. Ride The Tiger

03. It's About Time

04. Sara / Nothing Gonna Stop Us Now

06. White Rabbit

07. We Build This City

08. Jane

09. Somebody To Love

 

Deep Purple sind:

Ian Gillan (Vocals, Harmonica)

Roger Glover (Bass)

Ian Paice (Drums)

Don Airey (Keyboards)

Simon McBride (Guitar)

 

Deep Purple spielten:

01. Highway Star

02. Pictures Of Home

03. No Need To Shout

04. Nothing At All

05. Uncommon Man

06. Lazy

07. When A Blind Man Cries

08. Anya

09. Keyboeard Solo

10. Perfect Strangers

11. Space Truckin'

12. Smoke On The Water

13. Let The Good Times Roll

14. Hush

15. Bass Solo

16. Black Night

 

 

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