Cari cari 03.11.2022 dresden, beatpol

WELCOME TO CARI CARI ISLAND – 03.11.2022 – Dresden, Beatpol – Text & Fotos: Bernd Haarig

 

Schon im Februar - kurz nach Bekanntgabe der Tourdaten - hatte ich Tickets besorgt, denn dieses Konzert wollte ich mir keinesfalls entgehen lassen. Eher zufällig war ich bei Youtube auf ein Video von CARI CARI beim Parkfest von Radio 1 gestoßen, was mich sofort spitz auf die Band gemacht hatte.

Der "Rolling Stone" nennt das österreichische Duo die wichtigste Live –Entdeckung des Primavera Sound Festivals in Barcelona. Was aber macht die Faszination dieser Band aus, wo verortet man sie musikalisch, mit wem kann man sie vergleichen?

 

Ist es Rock, Pop, Country, Indie, Elektro, Surfsound, Psychedelic oder Filmmusik? Ja - es ist von alledem etwas. Und mit viel Licht, Nebelmaschine, Loops und Toneinspielungen, hat das Ganze tatsächlich etwas cineastisches, was von ALEXANDER KÖCK und STEPHANIE WIDMER genauso gewollt ist (beide sind große Fans von ENNIO MORRICONE und QUENTIN TARANTINO). Und in den Beatpol passt es auch, wurde der doch temporär auch als Kino genutzt. Augenzwinkernd erzählt ALEX, dass die Band deshalb gegründet wurde, um mal einen Track zu einem TARANTINO-Film beisteuern zu können. "Dear Mr. Tarantino" ist sozusagen ein Annäherungsversuch und ich bin mir sicher, sie werden es schaffen.

 

Bands wie THE KILLS, THE XX oder CAT POWER werden gern als artverwandt genannt, was keineswegs unzutreffend ist, aber CC sind eine eigene Nummer. Sie passen in keine Schublade, was man auch an der Auswahl ihrer Coverversionen erkennt: CANNED HEAT sind da ebenso vertreten wie THE BEATLES, BEASTIE BOYS oder ASAPRocky. Ungewöhnlich auch der Einsatz von Maultrommel und Didgeridoo, was wohl daher rührt, dass STEPANIE W. eine Zeit lang in Australien gelebt hat.

 

Zwei Dinge müssen unbedingt noch erwähnt werden: Die beiden sind blutjung (sie 29, er 28) und voller Power. Und sie haben ein Faible für ausgefallene Klamotten.

Dieses Gesamtpaket macht neugierig und so ist der Beatpol sehr gut gefüllt. Noch erfreulicher: Nicht die "Generation Bierbauch" ist in der Mehrzahl, sondern die Altersklasse zwischen 20 und 50 ist stark vertreten, wozu sicher auch ein gelungener Auftritt im Vorprogramm der BEATSTICKS im Sommer in der Dresdner "Garde" beigetragen hat.

Nach einem kurzen Support der holländischen Band THE VICES, die dem Top-Act des Abends nicht unähnlich sind und besonders in den rockigen Passagen gut rüberkommen, ist es so weit: Kurz nach 21 Uhr wummern Tonfragmente aus den Boxen, kräftiger Nebel zieht durch den Saal, das Licht wird immer greller und flackert in hoher Frequenz.

 

Zuerst betritt Schlagzeuger IVO THOMANN die Bühne, der das Duo bei Konzerten verstärkt, dann kommen AK und SW. Es wird laut, Jubel brandet auf und mit den ersten Tönen von "Last Days On Earth" füllt sofort dieser spezielle Sound den Raum, der klingt, als stünden fünf Musiker auf der Bühne. Beim zweiten Track "Anaana" kommt dann erstmals das Didgeridoo zum Einsatz und macht mit seinem fetten, tiefen Tönen (Ein-)druck. "Welcome To Kookoo Island" der Titelsong der aktuellen Scheibe kommt leicht und locker mit Reagge- Feeling und ist typisch für das zweite CARI CARI-Album. Es entstand in der zweijährigen CORONA- Pause. Für die meisten eine schlimme Zeit, für AK u. SW - nach zahllosen Konzerten - endlich Gelegenheit für die Arbeit im eigenen Studio im Nationalpark Neusiedlersee. Das Studio als Insel, auf die man sich zurückgezogen hat.

 

Das war purer Eskapismus, um in dieser Situation nicht verrückt zu werden, sagt AK dazu. Im Beatpol konnte ich mich davon überzeugen, dass es nicht so weit gekommen ist, sondern erlebe das Duo in bester Verfassung. ALEX hat eine stattliche Anzahl von Gitarren dabei, die er effektvoll einsetzt. Von schrammelig bis filigran, er ist ein Mann für jede Tonart.

Dazu fegt er ständig über die Bühne, was gut für die Show, für den Fotografen aber eine echte Herausforderung ist.

 

Auch stimmlich ist der Mann auf der Höhe und ein charmanter Plauderer ist er auch.

STEPHANIE hat nicht nur eine facettenreiche Stimme, sondern spielt neben dem schon erwähnten Didgeridoo auch noch Schlagzeug mit ordentlich Drive, greift bei „Belo Horizonte“ zum Bass, bedient ein kleines Keyboard, dem sie Loops und alle möglichen Töne entlockt, was sie gelegentlich auch mit ihrer Stimme macht ("Camboubee") und spielt Maultrommel bei "Dear Mr. Tarantino“.

 

Ein ganz besonderer Moment, bei dem geradezu andächtige Stille herrscht, ist der, als STEPHANIE sich ganz nach vorn an den Bühnenrand setzt (das Publikum hatte sich auf Bitte von ALEX auf dem Fußboden niedergelassen), um "Around The Bend" zu singen – beeindruckend!

 

Dann ist es aber genug der Andacht und mit "Sabotage"(BEASTIE BOYS–Cover), "Mazuka" "Jelly Jelly" und "No War" kommt wieder volle Power von der Bühne. Die Fans sind hellauf begeistert und ein Blick ins Publikum zeigt: Stillstehen ist einfach unmöglich.

Nach 17 Titeln, kündigt ALEX an, dass sie noch ein letztes Stück spielen wollen, aber da ist das euphorisierte Publikum natürlich anderer Meinung und erjubelt sich drei Zugaben. Die Dritte, das wunderschöne "A Life Under The Ocean" deutet tatsächlich auf das Konzertende hin, aber die Ovationen des Publikums erweichen ALEX' Herz und so hängt er (nach "intensiver" Rücksprache mit STEPHANIE) noch den DYLAN- Song "Don't Think Twice It's Alright" an.

 

Fan - Herz, was willst du mehr? Nach über zwei Stunden endet ein perfekter Abend, der noch einen sehr netten Nachklang hat. Obwohl CC alles gegeben haben, stehen ALEX (mit schweißnassen Haaren) und STEPHANIE am Merchandising - Stand und erfüllen geduldig Autogrammwünsche, lassen sich mit Fans fotografieren und nehmen sich Zeit für ein kurzes Gespräch.

 

Also, danke CARI CARI, bei eurer nächsten Tour sehen wir uns ganz bestimmt wieder. Auch dem Beatpol-Team Lob und Dank für die perfekte Organisation und die freundliche, entspannte Atmosphäre!

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