gerry Mcavoy band of friends / Big Jack's Revenge 30.04.2024 - Berlin, Hafenbar Tegel

GERRY McAVOYs BAND OF FRIENDS – Support: BIG JACKs REVENGE - Hafenbar Tegel / Berlin – 30.04.2024 - Text: Mike Kempf - Fotos: Conny Kempf

 

Seit langem hatte es die Tegeler Hafenbar als 'Das Konzert des Jahres' angekündigt. Zumindest auf dem Reinickendorfer Club sicherlich zutreffend, denn allein die Tatsache, dass mit GERRY McAVOY [einst jahrzehntelang RORY GALLAGHERs Bassist] hier und gleich seine Visitenkarte abgeben wird, lässt ein Rock-Spektakel erwarten. Wer gern mehr über ihn und RORYs Vergangenheit wissen möchte, dem kann ich McAVOYs Biografie 'On The Road – Mein Leben mit Rory Gallagher und Nine Below Zero', die 2007 erstmalig auf dem deutschen Markt angeboten wurde, empfehlen.

 

Bevor GERRY McAVOY den Geist des legendären Gitarristen wieder aufleben lässt, ist es der Hildesheimer Rockband BIG JACK's REVENGE vorbehalten, den Startschuss zum Tanz in den Mai fallen zu lassen. In über einer Stunde Spielzeit gibt es reichlich handelsüblichen Hardrock auf die Lauscher. Hier liegt die Besonderheit auf das Mitwirken von JÜRGEN JAY DEHMEL [Ex Bassist von NENA - u. a. „99 Luftballons“, „Nur geträumt“ uvm.] und der Performance vom Frontmann ULI DÜRKOP, der eine Mischung aus BRIAN JOHNSON und MEAT LOAF verkörpert und immer lockere Sprüche auf den Lippen hat. Die Beiden im Verbund mit MARIO TIMME [Gitarre], TIM WALK [Schlagzeug] und dem Pianisten FRANK TEUTEBERG lassen wahrlich keine bunten Luftballons durchs Areal schweben. Angetrieben vom Schlagzeug-Terminator TIM, der seine Rest-Munition in einem eindrucksvollen Drum-Solo abfeuert, weiß die Band zu überzeugen und ernten nicht nur von ihren Stammfans reichlich Applaus. Dieser hätte sogar noch üppiger ausfallen können, doch die überwiegende Mehrzahl der Anwesenden sind wegen BAND OF FRIENDS gekommen und werden nun überrascht, dass sich der Abend zu einer Doppel-Veranstaltung gestaltet, die Mannen um BIG JACK gar nicht, so wie allgemein gedacht, als Support auftreten. Für die Band super kann sie so mit der Präsentation einer 12-teiligen Show viel Gutes in Sachen Eigenwerbung betreiben.

 

Nach einer kurzen Umbauphase werden die Uhren auf einen der glorreichsten Gitarristen seiner Zeit umgestellt – RORY GALLAGHER – der am 14. Juni 1995 im Alter von 47 Jahren viel zu früh von uns ging, sich aber schon zu Lebzeiten den Status einer der weltweit besten Saitenexperten erspielte.

Um an ihm entsprechend zu gedenken, bedarf eines fast gleichwertigen Gitarristen, der zumindest RORYs Spiel gut nachempfinden kann. Für heute Abend fällt die Wahl auf einen der besten deutschen Gitarristen - STEPHAN GRAF - der schon einige Jahre, mit seinem 'Double Vision'-Projekt, eh schon sehr viel zu Ehren im Stil der irischen Rocklegende musiziert.

 

Dass mit BRENDAN O’NEILL der Drummer, der gut zehn Jahre mit GALLAGHER auf der Bühne stand, mit von der Partie ist, wertet den Abend nochmal gehörig auf. Trotzdem, so werden es die ersten Songs zeigen, wird es keine reine GALLAGHER-Show geben, sondern gibt es auch einige Songs von ihrem 2023 veröffentlichten Album 'Roll With The Punches' auf die Lauscher. Keyboarder DAVID COWAN passt prima ins Gefüge, weiß an den schwarzweißen Tasten komplett zu überzeugen und erinnert an die Zeit Mitte der 70er, als RORY mit LOU MARTIN ebenfalls einen Pianisten in seinen Reihen wusste.

 

GERRY McAVOY gibt nicht nur den Takt vor, singt gar selbst ein paar Songs und führt seine musikalischen Mitstreiter in allerbester Dirigentenmanier durchs Programm. Scheut sich auch nicht, Fans, die während ihres Auftritts oft dazwischen labern, mit einem energischen »Ssscccchhhhh!« in die Schranken zu weisen. Oder als ein Fan COWAN derart nah auf die Pelle rückt, sodass der Chef des Abends ihm per Handzeichen des Platzes verweist. Allein durch seine spürbare Autorität hat er Fans und Band zu 100 % im Griff, erlaubt sich gar per Ausflug in die Fangemeinde höchstpersönlich zum rhythmischen Mitklatschen und weiß auch um eine Lösung, als es bei „Bad Penny“ zu technischen Problemen an GRAFs Gesangsmikro kommt, indem er kurzerhand STEPHAN sein Mikro zur Verfügung stellt. Spätestens mit „Shadow Play“ hat die Stimmung ihren Siedepunkt erreicht und im Rundumblick erkenne ich nur grenzenlos abfeiernde Fans, die einen perfekten Abend beschließen.

 

Fazit: Mit GERRY McAVOY und JÜRGEN JAY DEHMEL standen zwei Bassisten im Mittelpunkt des Doppel-Konzerts, die, jeder für sich, in internationale und deutsche Rockgeschichtsbücher ihre unlöschbaren Spuren hinterließen. Dass McAVOY mit sehr viel Spielfreude, guter Fitness und viel Engagement agierte und mit TIM WALK einen für uns neuen, ganz starken Drummer vorstellte, erfreute uns. Sicher dürfte es jedem Musikfreund klar gewesen sein, dass GERRY kein Fallobst in sein Bandprojekt integriert. Deshalb hat er für heute Abend auf der Position des Gitarristen auf die Dienste von STEPHAN GRAF gesetzt, der, ob mit einem Bottleneck bewaffnet oder 'nur' mit einem Plec agierend, GALLAGHERs Musikstil derart verinnerlicht hat und spätestens jetzt jedem bewusst ist, warum er seit 2020 zum erweiterten Stamm bei McAVOYs BAND OF FRIENDS gehört - und es künftig hoffentlich auch so bleiben wird.

 

Wir bedanken wir uns beim Hafenbar-Team für die problemlose Akkreditierung.

 

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